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Die Giraffen

NB
Natascha Bachmann 5.6.2025 • Lesezeit: 4 min
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Fukuoka ist eine Universitätsstadt, die gleich zwei namhafte Universitäten beherbergt: die staatliche Kyu-dai und die private Fuko-dai. Daher ist Fukuoka sehr international. Viele Amerikaner und Eueopäer leben und arbeiten hier, z.B. als Sprachlehrer oder Gastdozenten. Wir sind also nicht die ersten westlichen Wesen, die in den Straßen unterwegs sind. Und dennoch sind wir wie Giraffen auf einer Eisscholle voller Pinguine. Das ganze wird nicht besser mit 2 kleinen, niedlichen Kindern. Das "Kawaiiiii" (niedlich) hallt uns überall entgegen. Je höher der Niedlichkeitsfaktor, desto länger das "i" am Ende und desto höher die Stimmlage bis sie sich dem Ultraschallbereich nähert. Meistens wird unsere große Weltenbummlerin als erstes entdeckt. Wenn - in 90% der Fälle - die Frauen dann noch den kleinen Globetrotter in der Trage entdecken, verlieren die Damen - jung wie alt - meistens komplett die Fassung. Aber immer wird uns mit Respekt und Einfühlungsvermögen begegnet. Sie halten Abstand, lächeln, und wenn sie die Kinder streicheln wollen, wird immer höflich gefragt. Wir hatten ein paar unangenehme Behegnungen hingegen mit koreanischen und chinesischen Touristen, deren Verhalten ich als übergriffig empfunden habe. In einem Fall bauten sich 3 Frauen vor uns auf, kamen extrem nah und zückten ihre Handys, um die Kinder zu fotografieren. Als ich ihnen klar signalisierte, dass ich das nicht möchte, wollten oder konnten sie mich nicht verstehen. Ich habe mich kurzerhand mit den Kindern umgedreht. Auch ein schöner Rücken kann entzücken...

Ansonsten empfinde ich Japan als Kinder- bzw. Familienfreundlich. Es gibt ausgewiesene Sitze in der U-Bahn und Stellplätze für Kinderwagen. Diese werden zwar auch von anderen genutzt. Bis auf ein paar wenige Ausnahmen wurde aber immer Platz gemacht, wenn wir uns den Plätzen näherten. Auch bei den Aufzügen gibt es spezielle Aufzüge ( in plüschigem Rosa), die ausschließlich von Menschen mit Kinderwagen, Schwangeren oder Menschen mit eingeschränkter Mobilität genutzt werden dürfen. Mein besonderes Highlight sind die Familientoiletten, die bei Herren gleichermaßen wie Damen vorhanden sind. Dort gibt es einen Wickeltisch und einen Hochstuhl, in den mann den kleinen Menschen setzen kann, wenn man selbst auf die Toilette muss. Mitgedacht hat was gebracht!

Unsere Freunde wissen, dass wir seit unserer ersten Japan Reise bekennende japanische Waschlet Fans sind. Und auch bei uns zu Hause hat ein Waschlet Einzug gehalten. Hier in Japan gibt es allerdings die Deluxe Varianten mit beheizter Klobrille und Klingeltönen zum... naja was wohl. Unsere große Weltenbummlerin geriet völlig aus dem Häuschen, als die Toiletten bei den Damen rosa waren.

Natürlich sind alle Toiletten - selbst die öffentlichen im Park top gepflegt, sauber, voll ausgestattet und intakt. Überhaupt ist der respektvolle Umgang mit allgemeinem Eigentum beeindruckend. Es liegt so gut wie gar kein Müll auf dem Boden, die U-Bahn Sationen sind blitzeblank und nirgends ist auch nur ein Graffitti oder eine Spur von Vandalismus zu sehen. Es wäre schön, wenn wir etwas von diesem Bewusstsein mit nach Hause nehmen könnten und wie Traumsand über die Menschen verteilen könnten.

Mein persönliches Highlight ist der Wickel-/Stillraum am Hakata Hauptbahnhof ausgestattet mit folgenden Annehmlichkeiten:

  • Wickeltische

  • Stillkabinen

  • Windeleimer, der die Windeln presst und vakuumisiert

  • Waschbecken mit Seife

  • Einem Wasserspender mit destilliertem Wasser zum Zubereiten von Milchnahrung.

Alles selbstverständlich gratis und in top Zustand...

Die niedlichen Kinder retten uns auch immer wieder, wenn wir in das ein oder andere kulturelle Fettnäpfchen treten (wie etwa Barfuß in Sandalen in einem traditionell japanischen Restaurant aufzukreuzen). Irgendwie steht man als Ausländer auch immer im Weg. Die Japaner scheinen die Gabe zu besitzen sich wie ein Schwarm Fische im perfekten Einklang zu bewegen. Selbst in der vollen U-bahn stehen alle dicht beieinander und berühren sich doch nicht. Das Ein-und Aussteigen aus U-bahnen oder Aufzügen gleicht einem perfekt einstudierten Ballett, nur hat uns leider keiner die Schritte gezeigt. Wir rempeln entweder andere Leute an, fahren anderen Mitreisenden mit dem Kinderwagen in die Hacken und wiederholen dabei gebetsmühlenartig das Zauberwort: "Sumimasen" (Entschuldigung). Wir ernten freundliche und verständnisvolle Blicke, die sagen "Giraffen eben..."

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Geschrieben von Natascha Bachmann

Veröffentlicht am: 24.5.2025
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Working Mum von zwei Kindern. Ich lebe mit meinem Mann und unseren zwei Kindern in Münster.

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