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Zukunft fängt mit einer Vision von ihr an!

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Christian Naumann 8.5.2025 • Lesezeit: 4 min
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Ich bin ein großer Science-Fiction-Fan. Schon als Kind hat mich die Vorstellung fasziniert, dass die Menschheit gemeinsam Herausforderungen meistert, neue Welten entdeckt und dabei nicht nur technologische, sondern auch moralische Fortschritte macht. Besonders mochte ich immer die Geschichten, in denen es nicht der eine Held ist, der alles rettet, sondern ein Team, das gemeinsam Lösungen findet. Menschlichkeit, Kooperation, Erfindungsgeist – das sind für mich die wahren Superkräfte. Was mich an Science-Fiction begeistert, ist nicht das Spektakel, sondern die Hoffnung. Der Glaube daran, dass es besser werden kann – wenn wir es wollen.

Was mir dabei auffällt: Es gibt große Unterschiede in der Art, wie Science-Fiction erzählt wird. Amerikanische Filme und Serien strahlen oft einen tiefen Fortschrittsglauben aus. Selbst in düsteren Zukunftsvisionen gibt es meistens einen Weg hinaus. Die Menschheit scheitert nicht einfach, sie lernt dazu. Bei uns in Deutschland hingegen scheint die Zukunft meist grau, bedrohlich oder gleich apokalyptisch. Ob in Filmen wie "Transfer", Serien wie "Dark" oder vielen literarischen Zukunftsvisionen – der Tenor ist oft: Wir sind überfordert, die Technik ist zu mächtig, der Mensch bleibt sich selbst das größte Problem.

Natürlich ist das verallgemeinert. Auch in den USA gibt es düstere Dystopien. Und auch hierzulande Ausnahmen. Aber die Grundstimmung scheint sich zu unterscheiden. Wo Amerikaner fragen: "Was können wir tun, um es zu schaffen?", neigen wir dazu zu sagen: "Was wird uns davon abhalten?" Dahinter steckt mehr als nur ein kultureller Stil. Es ist ein Spiegel unserer Gesellschaft. Und vielleicht auch unserer Geschichte.

Die deutsche Selbstwahrnehmung ist oft geprägt von Skepsis – gegenüber sich selbst, gegenüber Macht, gegenüber großen Ideen. Euphorie ist uns fremd, Stolz verdächtig. Wir analysieren lieber, als zu träumen. Und manchmal kritisieren wir lieber, als zu gestalten. Das ist verständlich – aber auch schade. Denn Zukunft braucht nicht nur Analyse, sondern auch Vorstellungskraft. Und ein Mindestmaß an Vertrauen: In uns selbst, in andere, in das Mögliche.

Was uns fehlt, ist gesunder Stolz. Nicht im Sinne von Überheblichkeit, sondern im Sinne von Selbstvertrauen. Wer schon einmal mit selbstbewussten Menschen zu tun hatte, weiß: Sie strahlen etwas aus. Nicht weil sie perfekt sind, sondern weil sie wissen, dass sie mit Herausforderungen umgehen können. Staaten sind da nicht anders. Ein Staat mit Selbstvertrauen traut seiner Bevölkerung etwas zu – und umgekehrt. Förderung und Eigenverantwortung schließen sich nicht aus, sie beflügeln sich gegenseitig. Wer gefördert wird, kann mehr leisten. Wer mehr leisten kann, übernimmt Verantwortung. Das stärkt wiederum das Vertrauen des Staates – ein Kreislauf, der funktioniert, wenn beide Seiten daran glauben.

Dabei haben wir Deutschen allen Grund, an uns zu glauben. Deutschland ist nicht nur das Land der Dichter und Denker, sondern auch das Land der Reformer, der Erfinder, der Möglichmacher. Humanismus, Aufklärung, der Sozialstaat, die soziale Marktwirtschaft, unser duales Ausbildungssystem – das sind keine Selbstverständlichkeiten. Andere Länder bewundern vieles an unserem System. Nur wir selbst sehen oft nur das, was nicht funktioniert. Wir schauen auf unsere Schatten – und vergessen, wie viel Licht wir schon gespendet haben.

Was wir brauchen, ist eine neue Erzählung. Eine, die nicht verklärt, aber auch nicht entmutigt. Eine, die sagt: "Wir haben schon viel geschafft – und wir können noch mehr schaffen." Wie damals, als man sagte: "Wir schaffen das." Es war mehr als ein politischer Satz. Es war ein Moment des kollektiven Selbstvertrauens. Solche Momente brauchen wir wieder. Gerade jetzt.

Rutger Bregman hat in seinem Buch "Im Grunde gut" daran erinnert, dass der Mensch von Natur aus kooperativ ist. Yuval Noah Harari zeigt, dass unser Überleben als Spezies vor allem auf Zusammenarbeit und gemeinsamen Vorstellungen beruht. Nicht auf Macht, nicht auf Gewalt, sondern auf Vertrauen und Teamgeist. Wenn wir das ernst nehmen, dann ist Zukunft nichts, wovor man Angst haben muss – sondern etwas, das man gemeinsam gestalten kann.

Ein schönes Beispiel dafür liefert der deutsche Autor Andreas Eschbach. In seinen Romanen beschreibt er oft Bedrohungen, technologische Umbrüche, ethische Dilemmata – aber nie ohne Hoffnung. In "Herr aller Dinge" etwa geht es um den Versuch, Armut weltweit zu besiegen. Natürlich tauchen auch Risiken auf, doch die zentrale Botschaft bleibt: Lösungen sind möglich. Fortschritt ist gestaltbar. Und Menschlichkeit bleibt der Kompass.

Leider finden solche Geschichten in Deutschland selten den Weg auf die Leinwand. Dabei zeigen sie, dass auch wir große Visionen haben. Visionen, die nicht in Angst wurzeln, sondern in Verantwortung. Und in der Überzeugung, dass eine bessere Welt möglich ist – wenn wir sie uns vorstellen können.

Zukunft fängt mit einer Vorstellung davon an. Lasst sie uns nicht den Pessimisten oder Extremisten überlassen.

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Geschrieben von Christian Naumann

Veröffentlicht am: 8.5.2025
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Ich bin ü40 und habe in meinem Leben viel schönes aber auch viel Mist erlebt. Brüche und Neuanfänge. Interessiere mich für Politik, Gesellschaft, Finanzen, Wissenschaft und Technik, Umwelt und deren Schutz und alles menschliche. Ich wandle zwischen Interlektualität und handwerklicher Basis. Bin weder Doktor noch Professor, sondern ein einfacher Mensch mit vielen Erfahrungen und Interessen. Neugierig und empathisch. Will lieber ein Miteinander als ein Gegeneinander. Dies will ich teilen.

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