Strategie trifft Nachhaltigkeit: oder - Warum nachhaltiges Business Development für KMUs zur Überlebensstrategie wird

Es war ein grauer Novembermorgen, irgendwo in einem Produktionsbüro in den Alpen. Vor mir: der Geschäftsführer eines traditionsreichen Sportartikelunternehmens, seit Generationen familiengeführt. Wir sprachen über kreislauffähige Produktdesigns, CO₂-Reduktion und neue Märkte. Er sah mich lange an und sagte: „Das klingt ja alles gut – aber unsere Kunden kaufen wegen Performance, nicht wegen Moral.“
Fünf Jahre später meldete das Unternehmen Insolvenz an. Der Markt hatte sich gedreht, Investoren zogen sich zurück, Fachkräfte wanderten ab. Zeitgleich wuchs ein Wettbewerber mit ähnlich langer Historie, aber anderer Haltung: gleiche Branche, ähnliche Größe, anderer Zugang zum Business Development. Dort war Nachhaltigkeit kein Nebensatz, sondern strategisches Leitprinzip – vom Produktdesign bis zur Kapitalbeschaffung.
Wenn ich eines aus drei Jahrzehnten Beratung für Unternehmen im DACH-Raum gelernt habe, dann das: Strategisches Business Development entscheidet zunehmend über Marktpräsenz, Zukunftsfähigkeit und Wachstum – besonders im Mittelstand.
Natürlich stellt sich die Frage: Ist das nicht alles eine Reaktion auf politische Zwänge? Die wachsenden EU-Vorgaben, Berichtspflichten, CO₂-Preise und Verpackungsregulierungen – all das wirkt auf den ersten Blick wie ein bürokratischer Albtraum. Aber warum nicht umdrehen und fragen: Was, wenn genau diese „Zwänge“ das neue Spielfeld definieren – und damit zur größten unternehmerischen Chance werden?
Ein mittelständischer Outdoor-Ausrüster hat es vorgemacht. Statt sich von Regularien überrollen zu lassen, baute er gemeinsam mit regionalen Zulieferern eine komplett recycelbare Produktlinie auf. Keine Notlösung, sondern ein echter USP. Heute verkauft er seine Jacken mit Stolz – nicht, weil sie grün sind, sondern weil sie intelligenter designt sind.
Auch die Kapitalmärkte haben längst dazugelernt. Wer glaubt, dass ESG nur Großkonzerne betrifft, verkennt die Realität. Banken, Förderstellen, VCs – sie alle suchen nach Unternehmen mit glaubwürdiger Nachhaltigkeitsverankerung. Und das bedeutet nicht mehr: eine nette Zertifizierung im Anhang. Es heißt: echtes Impact-Potenzial im Kerngeschäft.
Ich erinnere mich an ein urbanes Lebensmittelunternehmen, das es auf den Punkt brachte. Anstatt nur „vegan“ auf die Verpackung zu drucken, nutzte es seine Reststoffe aus der Produktion, baute regionale Lieferketten auf und entwickelte daraus völlig neue Produkte. Ergebnis? Vier Millionen Euro Wachstumskapital. Nicht trotz, sondern wegen dieser Klarheit im Business Development.
Manche mögen sagen: „Nachhaltigkeit ist ein Kostenfaktor.“ Wirklich? In Wahrheit wird sie zunehmend zur Antwort auf eine ganz andere Krise – die des Arbeitsmarkts. Gute Leute kommen nicht mehr wegen Gehaltstabellen, sondern wegen Sinn. Und sie bleiben nur, wenn sie Haltung spüren. Ein Hotelbetrieb in den Alpen verwandelte seine Struktur vollständig: Bio-Landwirtschaft, Energieautarkie, Mobilitätskooperationen. Ergebnis? Volle Buchungslage – und signifikant höhere Mitarbeiterbindung.
Aber es geht nicht nur um Image. Es geht auch um Robustheit. Denn was tun, wenn die nächste Krise kommt – sei es eine Lieferkette, die zusammenbricht, ein Preisschock bei Rohstoffen, oder ein geopolitischer Ruck? Unternehmen, die ihre Wertschöpfung regional aufbauen, stehen stabiler. Ein Kosmetikproduzent ersetzte importierte Öle durch heimische Alternativen, stellte auf Glas statt Plastik um. Der Aufwand war hoch. Aber er überlebte – dort, wo andere stillstehen mussten.
Und was ist mit dem Wettbewerb? Wer glaubt, dass nachhaltiges Wirtschaften ein Randthema ist, sollte sich in Benelux, Skandinavien oder Norditalien umsehen. Dort wachsen Startups, die nicht nur Produkte verkaufen, sondern ganze Systeme: von kreislauffähigen Fahrrädern bis zu leasingfähigen Outdoor-Ausrüstungen. Nicht billiger, sondern klüger. Und genau deshalb skalierbar. Wer da mithalten will, braucht mehr als alpine Qualität. Er braucht eine zukunftsgerichtete Geschäftslogik – und die beginnt im Business Development.
Natürlich gibt es Risiken. Das größte? Greenwashing. Wer Nachhaltigkeit als Marketingmasche nutzt, riskiert weit mehr als einen Imageschaden. Ich denke an einen touristischen Anbieter, der sich als „klimaneutral“ präsentierte, aber in Wahrheit Kohlestrom bezog und lediglich kompensierte. Es dauerte nicht lange, bis NGOs nachfragten – die Antwort war ein Shitstorm, den das Unternehmen bis heute nicht abschütteln kann. Glaubwürdigkeit ist heute kein Soft-Faktor mehr. Sie ist der Kern der Marke.
Das zweite Risiko liegt in einer weitverbreiteten Denkfalle: „Wir sind zu klein für so etwas.“ Ein Gedanke, den ich häufig höre – und der immer gefährlich endet. Denn selbst kleine Zulieferer werden längst nach ESG-Kriterien bewertet. Ein Unternehmen aus der Luftfahrtindustrie verlor jüngst einen Großauftrag, weil es keine CO₂-Daten liefern konnte. Nicht, weil es schlecht arbeitete – sondern weil es nicht vorbereitet war.
Also: Wie wollen wir morgen wirtschaften? Mit dem Mut, Geschäftsmodelle neu zu denken – oder mit dem Irrglauben, dass uns die alten Muster weitertragen? Wer Nachhaltigkeit heute nicht strategisch integriert, wird morgen nicht mehr gefragt sein.
Was aber, wenn wir das Ganze nicht als Bürde sehen, sondern als Einladung? Als Einladung, bessere Produkte zu entwickeln. Klarere Prozesse. Stabilere Lieferketten. Engere Beziehungen zu Investoren, Kunden, Mitarbeitenden. Dann wird Nachhaltigkeit nicht zur Auflage – sondern zur Voraussetzung für echten Fortschritt.
Strategisches Business Development ist heute mehr als nur Planung. Es ist der Architekt des Wandels – und der Unterschied zwischen wirtschaftlicher Relevanz und stillem Rückzug.
Oder um Arnold Schwarzenegger zu zitieren, der es wie so oft auf den Punkt bringt:
„Stop whining. Start doing. We don’t need excuses. We need action.“
Genau das ist jetzt gefragt – besonders im DACH-Mittelstand.
Zum Autor
Mein Name ist Ditmar Wilfling ich bin gebürtiger Österreicher und Vater von zwei Kindern. Als begeisterter Outdoor-Sportler musste ich in den letzten Jahren mit tränen in den Augen eine Veränderung unserer Umwelt feststellen. Nicht zuletzt, deswegen wurde mir klar, dass wir als Gesellschaft grundsätzlich etwas an unserem Verhalten ändern müssen. So habe ich, nach etlichen Jahren als leitender Angestellter im Business Development und Projektmanagement, eine Strategieagentur gegründet. Wir beschäftigen uns mit der nachhaltigen Transformation. Hierbei definieren wir Nachhaltigkeit im Sinne von ESG und sehen nicht nur die ökologischen, sondern auch soziale und ökonomische Aspekte als entscheidende Faktoren für eine stabile Zukunft.
Kommentare
Was denkst du?
Melde dich an um deine Gedanken zu teilen.
Geschrieben von Dittmar Wilfling
Veröffentlicht am: 3.6.2025Profil ansehen
Ich bin Inhaber einer Strategieagentur für nachhaltiger Transformation, Business Development und Netzworkmanag. Wir freuen uns Unternehmen auf dem Weg in eine bessere Zukunft. https://www.environdly.com Vor der Agentur gegründet hatte, war ich in vielen Branchen unterwegs und musste mit bedauern feststellen, dass wirtschaftliches Handeln stets kurzfristig gedacht wird - da ich stets der Meinung war, dass nur nachhaltiges Handeln langfristig Zielführend ist, war die Agentur quasi vorprogrammiert.
Mehr Stories von Dittmar Wilfling
Strategie trifft Nachhaltigkeit - oder -Warum ist ein Business Netzwerk der schlüssel zum Nachhaltigen Erfolg
Business Networking: Der Schlüssel zu langfristigem Erfolg
24.3.2025 • Lesezeit: 3 min
Strategie trifft Nachhaltigkeit - oder: Nachhaltigkeitsstrategie für StartUps: Sinnvoll oder Überbewertet?
Nachhaltigkeit für StartUps? Bist du verrückt, da besteht ja kein Markt. So oder so ähnlich waren die Reaktionen meines Umfeldes, als ich meine Firma, Environdly (https://www.environdly.com), gegründet habe. Immerhin scheint es auf den ersten Blick für viele frischgebackene Gründer einem Luxusproblem zu sein – wie etwas, um das man sich kümmern kann, wenn die Firma erst einmal läuft. Wer hat denn auch Zeit, sich Gedanken über CO₂-Bilanzen Lieferketten und Prozesse Gedanken zu machen, wenn man gerade versucht, die ersten Kunden zu gewinnen, das Produkt zu verbessern und irgendwie schwarze Zahlen zu schreiben? Ich war immer schon der Überzeugung, und damit bin ich nicht allein, dass diese Gedanken zu kurz gegriffen sind. Die Frage muss lauten, „Wer hat das Geld und die Zeit die Prozesse nicht von Anfang an zu optimieren und Nachhaltigkeit neu zu denken?“. Wenn der Laden mal läuft, erweist es sich häufig al schwierig und kostenintensiv Prozesse und Strukturen neuzudenken und zu gestalten. Außerdem ist ernstgenommene Nachhaltigkeit schon lang mehr kein Nice-to-have sondern zusehends ein Must-have und kann der entscheidender Erfolgsfaktor sein, der Startups den entscheidenden Vorsprung gegenüber den Mitbewerbern gibt.
12.11.2024 • Lesezeit: 8 min
Beliebte Stories auf Kursiv
Das Geldsystem
ZITAT DER GEBRÜDER ROTHSCHILD ZUM GELDSYSTEM VON 1863:

B M K • 29.2.2024 • Lesezeit: 3 min
Bilder sagen mehr als tausend Worte
Mit Worten lässt sich einiges kommunizieren, aber leider nicht alles. Deshalb freut es mich, dass Kursiv ab heute auch Bilder unterstützt. Damit kann der Text etwas untermalt werden und auch Anleitungen zu gewissen Themen lassen sich jetzt hier umsetzen. Man findet aktuell 2 verschiedene Möglichkeiten Bilder hochzuladen. Es gibt jetzt ein Profilbild und es lassen sich Bilder im Fließtext in deinen Stories hinzufügen.


Robin Ostner • 21.1.2024 • Lesezeit: 4 min

Strategie trifft Nachhaltigkeit - oder -Warum ist ein Business Netzwerk der schlüssel zum Nachhaltigen Erfolg
Business Networking: Der Schlüssel zu langfristigem Erfolg

Dittmar Wilfling • 24.3.2025 • Lesezeit: 3 min
Hey!
Hey!

Vincent Fey • 17.12.2024 • Lesezeit: 12 min

Kastanienpeifen und Gras
Ich bin Nichtraucher und habe auch nie wirklich geraucht (früher auf Partys, wenn ich angetrunken war, aber das ist schon lange, lange her)

Mike G. Hyrm • 20.3.2024 • Lesezeit: 1 min
Die Teutonensaga
Kapitel 1 - Eine barbarische Kindheit

Bunny Kill • 28.2.2024 • Lesezeit: 24 min