Strategie trifft Nachhaltigkeit - oder: Nachhaltigkeitsstrategie für StartUps: Sinnvoll oder Überbewertet?
Nachhaltigkeit für StartUps? Bist du verrückt, da besteht ja kein Markt. So oder so ähnlich waren die Reaktionen meines Umfeldes, als ich meine Firma, Environdly (https://www.environdly.com), gegründet habe. Immerhin scheint es auf den ersten Blick für viele frischgebackene Gründer einem Luxusproblem zu sein – wie etwas, um das man sich kümmern kann, wenn die Firma erst einmal läuft. Wer hat denn auch Zeit, sich Gedanken über CO₂-Bilanzen Lieferketten und Prozesse Gedanken zu machen, wenn man gerade versucht, die ersten Kunden zu gewinnen, das Produkt zu verbessern und irgendwie schwarze Zahlen zu schreiben? Ich war immer schon der Überzeugung, und damit bin ich nicht allein, dass diese Gedanken zu kurz gegriffen sind. Die Frage muss lauten, „Wer hat das Geld und die Zeit die Prozesse nicht von Anfang an zu optimieren und Nachhaltigkeit neu zu denken?“. Wenn der Laden mal läuft, erweist es sich häufig al schwierig und kostenintensiv Prozesse und Strukturen neuzudenken und zu gestalten. Außerdem ist ernstgenommene Nachhaltigkeit schon lang mehr kein Nice-to-have sondern zusehends ein Must-have und kann der entscheidender Erfolgsfaktor sein, der Startups den entscheidenden Vorsprung gegenüber den Mitbewerbern gibt.
In einer Welt, in der ökologische und soziale Verantwortung zu den großen Themen der Zeit gehören, muss es die Wirtschaft sein, die voranschreitet und neue Maßstäbe setzt. Was passiert, wenn wir uns lediglich, wie ein Fähnchen im Wind, an die Vorgaben einer rückwärtsgewandten und populistischen Politik anpassen, sehen wir aktuell bei den großen deutschen Autoherstellern.
Nicht nur Kunden, sondern auch Investoren erwarten heute Transparenz und ein Bewusstsein für unseren Planeten. Wer investiert denn auch in ein sinkendes Schiff. Aber nicht nur externe Stakeholder legen Wert auf die Zukunftssicherheit eines Unternehmens, sondern auch Mitarbeiter benötigen Planungssicherheit und wer will nicht Stolz auf seinen Arbeitgeber sein und etwas Positives bewegen. Immerhin sind Mitarbeiter die ersten Multiplikatoren und ihr wichtigster Kunde. Für Startups, die oft mit wenigen Mitteln und viel Leidenschaft angetreten sind, ist eine Nachhaltigkeitsstrategie daher ein kluger Schritt, der langfristig Stabilität, Wachstum und Vertrauen bringt.
Der ökologische Fußabdruck: Verantwortung statt Verschwendung
Immer wieder höre ich von StartUps „Wie sollen wir uns um eine Nachhaltigkeitsstrategie kümmern?“ Die Argumente sind häufig die gleichen „zu wenig Personal“, „zu geringe Finanzielle Mittel“, „keine Möglichkeit“, „die Mitbewerber haben auch keine“ und so weiter. Doch genau in all diesen Aussagen liegt das Potenzial, welche eine nachhaltige Ausrichtung bietet. Eine durchdachte und professionell erarbeitete Strategie eröffnen häufig neue Möglichkeiten, um Kosten zu reduzieren und die Produktivität und Effizienz zu steigern. Denn jede Form von Verschwendung führt in der Regel zu unnötigen Kosten. Der effiziente Einsatz von Materialien und Mitarbeitern, die umweltfreundliche Gestaltung von Prozessen sowie die Senkung des Energieverbrauchs schonen nicht nur die Umwelt, sondern auch für die Unternehmensbilanz.
Daher raten wir vielen Start-ups bereits in einer frühen Phase die Prozesse sowie das Umfeld nachhaltig auszurichten. So schafft eine regionale Lieferkette nicht vertrauen, sondern macht ein Unternehmen, gerade in einer Welt, in der der Protektionismus um sich greift, auch langfristig unabhängiger von politischer Einflussnahme. Diese Maßnahmen sind nicht nur Ausdruck von Verantwortung, sondern schaffen auch einen messbaren Mehrwert, da sie Kosten reduzieren und das Unternehmen von Anfang an zukunftsorientiert aufstellen. Ein kleines Start-up mit nachhaltigem Fokus kann von Anfang an einen Unterschied schaffen und sich für langfristigen Erfolg positionieren – selbst in einem immer härteren Wettbewerbsumfeld.
Markenwert und Vertrauen: Wie Nachhaltigkeit Kunden bindet
Eine nachhaltige Strategie bietet nicht nur intern Vorteile, sondern wirkt sich auch positiv auf externe Faktoren aus. So sind Kunden heutzutage besser informiert als noch vor wenigen Jahren beziehungsweise Jahrzehnten – was sich allerdings nicht geändert hat – Kunden, vor allem im Endkundenbereich legen oft großen Wert, dass ein Unternehmen die gleichen Werte teilt wie sie selbst. Startups, die auf Nachhaltigkeit setzen und ihre Schritte offenlegen, gewinnen das Vertrauen der Verbraucher und schaffen eine loyale Kundschaft. Ein transparentes und belastbares Nachhaltigkeitskonzept kann zum entscheidenden Faktor werden, der ein Unternehmen am Ende des Tages, ungeachtet der Größe, von der Konkurrenz abhebt und den entscheidenden Wettbewerbsvorteil bietet.
Langfristiges Denken lohnt: Wer als Unternehmer das strategischen Weitblick besitzt und bereits in einer frühen Phase auf nachhaltige Strategien setzt, dem bietet sich die Möglichkeit, eine Marke aufzubauen, die mit positivem Image, hohen Standards und Innovation assoziiert wird. Gerade in gesättigten Märkten können diese Alleinstellungsmerkmale den Unterschied machen, wer die ersten fünf Jahre übersteht und auf den Wachstumszug aufspringt. Unzählige Umfragen zeigen, dass derzeit noch etliche Menschen bereit sind, mehr für ein Produkt oder eine Dienstleistung zu bezahlen, wenn sie wissen, dass es umweltfreundlich und ethisch verantwortungsvoll produziert wurde – auch wenn wir davon tendenziell abraten. Es ist klar, dass ein Ehrlicher Preis bezahlt werden muss, aber den Preis aufgrund des Etiketts „Nachhaltig“ nach oben zu verschieben generiert langfristig eher Probleme. Diese Verbindung zwischen Marke und Kundenbindung ist ein Faktor, der für StartUps entscheidend ist, da der Gewinn, gerade in den ersten Jahren, selten über Marktanteile generiert werden kann – umso entscheidender sind Kundenbindung.
Mitarbeiterbindung und Kultur: Nachhaltigkeit als Erfolgsfaktor von innen heraus
Wie bereits angesprochen sind es bei weitem nicht nur die externen Stakeholder und Einflussfaktoren welche unsere Strategie beeinflussen sollten, sondern auch beziehungsweise gerade die internen Stakeholer sollten es sein die unser tägliches Handeln als Unternehmen entscheidend prägen. Gerade junge, gut ausgebildete Talente legen immer mehr Wert auf Arbeitsbedingungen, die zu ihren eigenen Werten passen. Die Schlagwörter der heutigen Zeit sind Purpose und Sinnstiftung – dem entsprechend fällt auch die Wahl des Arbeitgebers. Startups, die eine klare nachhaltige Linie verfolgen, sprechen genau diese Menschen an und schaffen ein Arbeitsumfeld, in dem sich Mitarbeitende Wertschätzung erleben und mit Stolz von Ihrem Arbeitgeber berichten. Dies stärkt das Arbeitsklima und die Identifikation mit dem Unternehmen und senkt somit die Fluktuation und die damit verbundenen Kosten.
Um als kleines Unternehmen langfristig Erfolg zu haben bedarf es einem zuverlässigen Team, welchem man vertrauen kann.
Investorensuche: Nachhaltigkeit als Türöffner für Kapital
Investoren werden bei der Bewertung potenzieller Unternehmen immer kritischer. SWOT Analysen zeigen bei nachhaltigen Unternehmen in der Regel geringere Risiken auf, da Punkte wie zukünftige Gesetze oder sich verändernde Kundenbedürfnisse einen geringeren Einfluss auf diese Unternehmen haben. Startups, die auf Nachhaltigkeit setzen, werden für Investoren oft attraktiver, weil sie bereits an Lösungen für die Herausforderungen von morgen arbeiten.
Zudem ist die Nachfrage nach sogenannten „Impact Investments“, also Investitionen in Unternehmen, die neben finanziellen Erträgen auch positive soziale oder ökologische Effekte erzielen, enorm gestiegen. Ein Startup, das diesen Aspekt ernst nimmt und eine glaubwürdige Nachhaltigkeitsstrategie verfolgt, kann sich von der Masse der Mitbewerber deutlich abheben und sich als zukunftsfähiges Investment präsentieren.
Gesetzliche Anforderungen: Proaktiv handeln, bevor es Pflicht wird
Auch wenn wir aktuell eine Zeit der Umkehr erleben, ist eine deutliche Tendenz hin zu strengeren gesetzlichen Vorgaben zum Klimaschutz zu erkennen. Dies gilt sowohl auf europäischer, auch wenn einige Lokalpolitiker meinen Populismus betreiben zu müssen, als auch auf globaler Ebene. Was heute noch als freiwilliges Engagement gilt, kann in wenigen Jahren gesetzlich vorgeschrieben sein. Unternehmen, die Nachhaltigkeit frühzeitig in ihre Strategie integrieren, sind hier langfristig klar im Vorteil. Sie haben Zeit, sich auf neue Regelungen vorzubereiten, Prozesse anzupassen und sich in einem Markt zu etablieren, der zunehmend auf Transparenz und Umweltschutz achtet.
Die Umstellung auf nachhaltige Strukturen und Prozesse erfordert oft Zeit und Ressourcen, deshalb sollten sie Ihr Unternehmen von Anfang an gestalten.
Fazit
Wir müssen uns verabschieden von der Meinung, Nachhaltigkeit sei bloß ein lästiger Glotz am Bein der uns behindert. Nachhaltigkeit ist mehr als das. Nachhaltigkeit ist ein Innovationsmotor. Und ist es nicht das, was uns als Menschheit ausmacht – Innovation. Zu stagnieren bedeutet die Verweigerung sich zu entwickeln und das Verharren in der Vergangenheit. Verständlich, dass die Komfortzone gemütlich ist und Innovation beängstigend sein kann, aber davon sollten wir uns nicht unseren Fortschritt bremsen lassen – denn konservative Stimmen, inklusive deren Schwarzmalereien gab es immer schon. Wo dieses Mindset endet, sehen wir aktuell in der europäischen Autoindustrie – oder kannten sie vor 10 Jahren BYD, NIO oder Tesla. Heute mischen diese Marken den europäischen Markt gehörig auf. Diese Marken interessieren sich nur wenig dafür, was ein Oppositionspolitiker in einem europäischen Land über den Klimawandel denkt. Daher rate ich meinen Kunden auch stets dazu sich bereits frühzeitig Gedanken über langfristige und nachhaltige Strategien zu machen und Ihr Unternehmen vom ersten Tag an zukunftssicher zu gestalten. Dies sichert das Überleben des Unternehmens als auch das Überleben der Menschheit.
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Zum Autor
Mein Name ist Dittmar Wilfling ich bin gebürtiger Österreicher und Vater von zwei Kindern. Als begeisterter Outdoor-Sportler musste ich in den letzten Jahren mit tränen in den Augen eine Veränderung unserer Umwelt feststellen. Nicht zuletzt, deswegen wurde mir klar, dass wir als Gesellschaft grundsätzlich etwas an unserem Verhalten ändern müssen. So habe ich, nach etlichen Jahren als leitender Angestellter im Business Development und Projektmanagement, eine Strategieagentur gegründet. Wir beschäftigen uns mit der nachhaltigen Transformation. Hierbei definieren wir Nachhaltigkeit im Sinne von ESG und sehen nicht nur die ökologischen, sondern auch soziale und ökonomische Aspekte als entscheidende Faktoren für eine stabile Zukunft. Näheres unter: https://www.environdly.com
Kommentare
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Melde dich an um deine Gedanken zu teilen.Geschrieben von Dittmar Wilfling
Veröffentlicht am: 12.11.2024Profil ansehen
Ich bin Inhaber einer Strategieagentur welche sich mit nachhaltiger Transformation beschäftigt. Wir freuen uns Unternehmen auf dem Weg in eine bessere Zukunft. https://www.environdly.com Vor der Agentur gegründet hatte, war ich in vielen Branchen unterwegs und musste mit bedauern feststellen, dass wirtschaftliches Handeln stets kurzfristig gedacht wird - da ich stets der Meinung war, dass nur nachhaltiges Handeln langfristig Zielführend ist, war die Agentur quasi vorprogrammiert.
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